Dies ist die Geschichte eines Bauernmädchens. Ihr Name war Zaynab. Sie ist ein Beispiel vollkommener Selbstverleugnung und vollkommenen Mutes. Denn sie opferte zuerst ihre Identität und später ihr Leben, um ihren Mitgläubigen an vorderster Front beizustehen.
Während der Belagerung der Festung ‘Alí-Mardán Khán, in der sich die Bábí aus Zanján unter der Führung der gesegneten Person Ḥujjats zu ihrer Verteidigung zurückgezogen hatten, offenbarte ihre Haltung einen beispiellosen Beweis vollkommener Standhaftigkeit und Aufopferung.
Zaynab schloss sich aus freien Stücken der Schar von Frauen und Kindern an, die bei den Verteidigern der Festung blieben. »Sie hatte ein anmutiges, strahlendes Gesicht, war von einem hohen Glauben beseelt und besaß großen Mut. Der Anblick der Prüfungen und Nöte, die ihre männlichen Gefährten zu ertragen hatten, ließen in ihr den unwiderstehlichen Wunsch erwachen, sich in Männerkleidern an der Abwehr der vielen feindlichen Angriffe zu beteiligen. Sie warf eine Tunika über, setzte eine Kopfbedeckung wie die ihrer männlichen Kameraden auf, schnitt sich die Locken kurz, gürtete sich mit einem Schwert, nahm Gewehr und Schild und stellte sich in ihre Reihen. Niemand dachte, dass sie ein Mädchen sei, wenn sie vortrat, um ihren Platz an der Schanze einzunehmen. Sowie der Feind angriff, zog sie das Schwert und stürzte sich mit dem Ruf „Yá Ṣáḥibu’z-Zamán“ mit unglaublicher Kühnheit auf die Reihen der gegnerischen Streiter. Freund und Feind staunte an diesem Tag über diesen Mut, diese Geschicklichkeit, dergleichen sie nie gesehen. Die Feinde nannten sie den Fluch, den eine zornige Vorsehung über sie gebracht. Verzweifelt ließen sie von den Schanzen ab und flohen schmählich vor ihr.
Ḥujjat, der die feindlichen Bewegungen von einem Turm aus verfolgte, erkannte sie und bewunderte die Tapferkeit, die dieses Mädchen bewies. Als sie zur Verfolgung der Feinde ansetzte, befahl er seinen Leuten ihr zu gebieten, sie solle diesen Versuch aufgeben und in die Festung zurückkehren. „Kein Mann“, soll er gesagt haben, als er sah, wie sie dem auf sie gerichteten feindlichen Feuer entgegenstürmte, „hat sich solchen lebendigen Mutes fähig erwiesen.“ Als er sie nach dem Beweggrund für ihr Handeln fragte, brach sie in Tränen aus. „Mir tut das Herz weh vor Mitleid und Kummer, wenn ich sehe, wie meine Glaubensbrüder sich plagen und abmühen. Es drängt mich, loszustürmen, ich kann nicht anders. Ich hatte Angst, dass du mir versagen würdest, mein Los mit den männlichen Gefährten zu teilen. … Und ich kann dir versichern, dass noch niemand gemerkt hat, dass ich ein Mädchen bin. Nur du hast mich erkannt. Und ich bitte dich inständig beim Báb, entziehe mir nicht das unschätzbare Vorrecht, meine einzige Sehnsucht, das Leben mit dem Märtyrertod zu krönen.“
Ḥujjat war tief beeindruckt von dem Ton und der Art, wie sie ihre Bitte vorbrachte. Er suchte den Aufruhr ihrer Seele zu besänftigen, versprach ihr, für sie zu beten, und gab ihr den Namen Rustam-‘Alí zum Zeichen ihres edlen Mutes. „Dies ist der Tag der Auferstehung“, sagte er zu ihr, „der Tag, ‘da alle Geheimnisse ergründet werden‘1. Gott richtet Seine Geschöpfe, Männer und Frauen, nicht nach dem Äußeren, sondern nach ihrem Glauben
und ihrem Lebenswandel. Wenn du auch ein junges, unerfahrenes Mädchen bist, hast du doch solche Lebenskraft und solche Geschicklichkeit an den Tag gelegt, wie sie nur von wenigen Männern übertroffen wird.“ …
Nicht weniger als fünf Monate lang fuhr dieses Mädchen fort, den feindlichen Streitkräften mit unübertrefflichem Heldenmut Widerstand zu leisten. Nahrung und Schlaf verschmähend, wirkte sie in heißem Bemühen für die über alles geliebte Sache. Durch ihr strahlendes Beispiel machte sie den wenigen, die wankend wurden, wieder Mut und gemahnte sie an die Pflicht, die sie alle zu erfüllen hatten. Ihr Schwert trug sie die ganze Zeit bei sich. In den kurzen Pausen, die sie zum Schlaf nützen konnte, sah man sie, das Haupt auf das Schwert gelehnt, den Leib mit dem Schild bedeckt. Jedem der Gefährten war ein besonderer Posten zugeteilt, den er auszufüllen und zu verteidigen hatte, nur dieses furchtlose Mädchen konnte sich überall, wohin sie wollte, frei bewegen. Stets in vorderster Linie, wo das Getümmel am größten, war Zaynab immer zur Stelle, wenn der Feind einen Posten bedrohte, und half, wo Not am Mann oder Ermutigung vonnöten war. Kurz vor dem Ende ihres Lebens entdeckten die Feinde ihr Geheimnis, fürchteten aber ungeachtet dessen, dass sie jetzt wussten, dass sie ein Mädchen war, ihren Einfluss und zitterten bei ihrem Erscheinen. Ihre helle Stimme genügte, sie zu verwirren und in Verzweiflung zu stürzen.
Als sie eines Tages bemerkte, dass ihre Gefährten plötzlich von feindlichen Streitkräften umzingelt waren, lief Zaynab verzweifelt zu Ḥujjat, warf sich ihm zu Füßen und flehte mit Tränen in den Augen, dass er ihr erlaube, ihnen zu Hilfe zu eilen. „Ich spüre, mein Leben geht zu Ende“, sagte sie. „Würde ich doch durch Feindes Schwert fallen. Vergib meine Fehler, ich bitte dich, und bitte für mich bei meinem Herrn, um Dessentwillen mein Leben zu opfern ich mich sehne.“
Ḥujjat war so überwältigt, dass er nicht sprechen konnte. Von seinem Schweigen, das sie für Zustimmung nahm, ermutigt, huschte sie durch das Tor und eilte, siebenmal den Ruf „Yá Ṣáḥibu’z-Zamán“ erhebend, fort, der Hand zu wehren, die schon eine Anzahl Gefährten erschlagen. „Warum beschmutzt ihr mit euren Taten den reinen Namen des Islam?“ rief sie, indes sie sich auf den Feind stürzte. „Was flieht ihr so schmählich vor unserm Angesicht, so ihr die Wahrheit sprecht?“ Sie lief zu den Schanzen, die der Feind errichtet hatte, verjagte die Schutzwachen der ersten drei und setzte an, die vierte zu nehmen, da sank sie im Kugelhagel tot zu Boden.
Es gab keine Stimme unter ihren Gegnern, die ihre Keuschheit in Zweifel zu ziehen oder ihren erhabenen Glauben und ihr charakterfestes Wesen zu leugnen gewagt hätte. Ihre Ergebenheit war derart, dass sich nach ihrem Tod nicht weniger als zwanzig Frauen aus ihrem Bekanntenkreis dem Glauben des Báb anschlossen. Für sie war sie nicht mehr das Bauernmädchen von früher; sie war die Verkörperung der edelsten Grundsätze der Menschlichkeit, ein lebendes Beispiel für den Geist, der nur durch einen Glauben, wie sie ihn hatte, offenbar wird.«