Schicksal



Frage: Wenn Gott von einer zukünftigen Tat eines Menschen Kenntnis hat, und diese auf der verwahrten Tafel des Schicksals aufgezeichnet ist, ist es möglich, ihr zu widerstehen? Antwort: Das Vorher-Wissen um eine Sache ist nicht die Ursache ihrer Verwirklichung; denn das wesenhafte Wissen Gottes umfaßt die Wirklichkeit der Dinge in gleicher Weise vor wie nach ihrem Dasein, verursacht aber nicht ihr Sein. Es ist eine Vollkommenheit Gottes. Was nach göttlicher Eingebung durch den Mund der Propheten vom Kommen des Verheißenen im Alten Testament verkündet wurde, war nicht die Ursache des Erscheinens Christi. Den Propheten wurden verborgene Geheimnisse der Zukunft offenbart, und so erhielten sie Kenntnis von kommenden Ereignissen, die sie verkündeten. Dieses Wissen und diese Prophezeiungen waren aber nicht die Ursache für das Eintreffen der Geschehnisse. Zum Beispiel weiß heute abend jedermann, daß nach sieben Stunden die Sonne aufgehen wird; dieses allgemeine Vorher-Wissen verursacht aber nicht den Aufgang und das Erscheinen der Sonne. Das göttliche Wissen im Bereiche der erschaffenen Welt bewirkt also nicht die Gestaltung der Dinge; es ist vielmehr geheiligt über Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Es ist identisch mit der Wirklichkeit der Dinge, verursacht aber nicht ihr Geschehen. Ebenso wird die Niederschrift und die Erwähnung einer Sache in dem Buch nicht zur Ursache ihres Daseins. Die Propheten wußten durch die göttliche Eingebung, was geschehen wird. Zum Beispiel wußten sie durch die göttliche Erleuchtung, daß Christus zum Märtyrer würde, und verkündeten es. War nun ihr Wissen und ihre Kenntnis die Ursache für den Kreuzestod Christi? Nein, dieses Wissen ist eine Vollkommenheit der Propheten und verursachte nicht das Martyrium. Die Astronomen wissen durch mathematische Berechnungen, wann eine Mond- oder Sonnenfinsternis eintreten wird. Sicherlich ist diese Entdeckung nicht die Ursache für das Eintreffen der Finsternis. Dies ist natürlich nur ein Vergleich und kein genaues Bild.

Abdu'l-Bahá, Beantwortete Fragen 35

Du fragst nach Schicksal, Vorherbestimmung und Willen. Schicksal und Vorherbestimmung bestehen aus den zwangsläufigen, unumgänglichen Beziehungen in den Wirklichkeiten der Dinge. Diese Beziehungen sind durch die Schöpferkraft in die Wirklichkeiten der bestehenden Wesen hineingelegt, und jedes Geschehnis ist eine Folge der zwangsläufigen Beziehung. Zum Beispiel hat Gott eine Beziehung zwischen der Sonne und der Erdkugel geschaffen, nach der die Sonnenstrahlen scheinen und der Erdboden Frucht tragen soll. Diese Beziehungen bedeuten Vorherbestimmung; ihre Offenbarung auf der Ebene des Daseins ist Schicksal. Der Wille ist die Wirkkraft, die diese Beziehungen und diese Geschehnisse überwacht. Das ist die kurze Erklärung des Schicksals und der Vorherbestimmung. Ich habe keine Zeit für eine ausführliche Erklärung. Denke darüber nach; der Zusammenhang von Schicksal, Vorherbestimmung und Willen wird dann offenbar werden.

Abdu'l-Bahá, Briefe und Botschaften 167

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